October 2023

Die Anforderungen an die kommunale Wärmeplanung mit digitalem Zwilling meistern

Die Herausforderungen des Klimawandels und die Notwendigkeit, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen, haben der kommunalen Wärmeplanung eine entscheidende Schlüsselrolle zugewiesen. Das neue Gesetz zur Wärmeplanung bestätigt diese Relevanz. Eine praktikable Lösung für die Herausforderung der Erstellung von Wärmeplänen ist die Nutzung von digitalen Werkzeugen, um der Komplexität des Problems und der Notwendigkeit schnellen Handelns gerecht zu werden. Insbesondere ein digitaler Zwilling ermöglicht es, mit den verfügbaren Arbeitskräften Ergebnisse zu erzielen, die für die nächsten Jahrzehnte relevant sein werden.

Die Komplexität bei der Erstellung eines kommunalen Wärmeplans ergibt sich aus der Vielzahl der zu verknüpfenden Daten, die von unterschiedlichen Akteuren generiert werden, unterschiedliche Granularität und Qualität aufweisen und den Datenschutzbestimmungen entsprechen müssen.

Eine weitere Herausforderung ist die Geschwindigkeit bei der Erstellung des kommunalen Wärmeplans. Die deutschen Kommunen haben nur bis spätestens 2028 Zeit, eine digitale Version des Plans einzureichen. Unserer Erfahrung nach kann es bis zu sechs Monate dauern, die Daten zu sammeln und im richtigen Format aufzubereiten, insbesondere wenn man bedenkt, wie viele Parteien ihre Daten liefern müssen.

Von den 10.789 Kommunen in Deutschland sind 9.187 in der Lage, den Wärmeplan gemeinsam mit ihrer(n)Nachbargemeinde(n) zu erstellen, auch in einer weniger komplexen Version. Es verbleiben jedoch noch 1.602 Kommunen, die einen vollständigen Wärmeplan erstellen müssen. Alle müssen innerhalb der gleichen Frist einen Wärmeplan erstellen. Dies setzt sowohl die Kommunen als auch die Fachexperten, die ohnehin schon unter Fachkräftemangel leiden, unter Druck.

Schritte der kommunalen Wärmeplanung  

Die kommunale Wärmeplanung umfasst vier Schritte, die von der Bestandsanalyse über die Potenzialanalyse und das Zielszenario zur Strategie führen:

1.)  Bestandsanalyse: In diesem Schritt geht es darum, die aktuelle Situation zu verstehen. Folgende Daten sind relevant: Gas- und Wärmeverbrauch der letzten drei Jahre für jede Adresse, Art des Heizsystems für jedes Gebäude einschließlich Prozesswärme inIndustrieanlagen, Informationen über vorhandene und geplante Kapazitäten der Wärme-, Gas-, Strom- und Abwassernetze. Diese systematische und qualifizierte Erfassung des aktuellen Wärmebedarfs bzw. -verbrauchs und der daraus resultierenden Treibhausgasemissionen ist die Grundlage jedes kommunalen Wärmeplans.

2.)  Potenzialanalyse: Nach der Erfassung des Ist-Zustandes ist der nächste Schritt die Potenzialanalyse, mit der unter anderem der Einsatz verschiedener Lösungen für erneuerbare Energien analysiert werden kann.

3.)  Zielszenario: Verschiedene Szenarien sollten simuliert und verglichen werden, um das optimale Zielszenario zu ermitteln. Dies kann die bestmögliche Kombination von erneuerbaren Energien, die Optimierung des Energieflusses, die Reduktion vonCO₂e-Emissionen etc. beinhalten. Durch die Simulation verschiedener Szenarien kann ein fundiertes Verständnis der Auswirkungen von Entscheidungen und derMöglichkeiten zur Erreichung der Wärmewende gewonnen werden.

4.)  Strategie: Abschließend wird auf Basis des Zielszenarios für jedes Wärmenutzungsgebiet eine Strategie zur Umsetzung der Wärmewende entwickelt. Dabei soll der besteWeg zur Erreichung des Zielszenarios identifiziert werden.

Ein wichtiger Bestandteil jeder Phase ist die Kommunikation des Prozesses an Bürger*innen und andere Interessensgruppen. Die öffentliche Kommunikation der Ergebnisse ist am Ende der zweiten Phase und am Ende des Gesamtprozesses erforderlich. Das neue Gesetz enthält Mindestanforderungen für die Visualisierung der wichtigsten Ergebnisse jeder Phase.

 

Digitale Zwillinge und ihre Rolle in der kommunalen Wärmeplanung

Digitale Zwillinge sind virtuelle Abbilder von physischen Objekten oder Prozessen. Sie entstehen durch die Integration von Daten aus unterschiedlichen Quellen und ermöglichen die Abbildung, Planung und Steuerung komplexer Systeme. Im Kontext der Wärmeplanung können digitale Zwillinge helfen, den Gesamtenergieverbrauch eines Gebäudes oder eines Quartiers zu simulieren und Optimierungspotenziale aufzuzeigen. Durch die ständige Aktualisierung der Daten werden die mit dem digitalen Zwilling erzielten Ergebnisse sichtbar und messbar.

Derzeit gibt es verschiedene digitale Online-Lösungen für Städte, die mit einem „digitalen Zwilling“verbunden sind. In den meisten Fällen bieten sie eine Karte der Gemeinde mit einer darüber liegenden Informationsebene. Dies ist nicht die beabsichtigte Funktion eines digitalen Zwillings. Der digitale Zwilling sollte in erster Linie die Interoperabilität der verschiedenen Ebenen ermöglichen, um neue Erkenntnisse zugewinnen, und nicht nur die Visualisierung bekannter Informationen auf einer öffentlichen Website. Ein digitaler Zwilling für die Phase der Bestandsanalyse sollte beispielsweise folgende Informationen kombinieren:

  • Die Haupteinheit: ein Gebäude innerhalb der Gemeinde, das zu einem Objekt mit einer eindeutigen Adresse abstrahiert werden kann.
  • Informationen zum Gebäude aus dem Gebäuderegister: Typ, Baujahr, Schutzstatus.
  • Informationen, die sich aus der Geometrie des Gebäudes ergeben, in der Regel aus einem vereinfachten 3D-Modell des Gebäudes (LOD 2):Volumen, Oberfläche, Anzahl der Stockwerke, Dachtyp.
  • Informationen über die vorhandenen Energie- und Abwassernetze: Welche Gebäude sind an das Strom-, Gas- und Wärmenetz angeschlossen und wie hoch ist die aktuelle Kapazität, Länge des Netzes, Temperatur des Wärmenetzkreislaufs.
  • Informationen zur Wärmeerzeugung im Gebäude: Welche Technologie wird zur Wärmeerzeugung eingesetzt, welche Energiequelle wird genutzt und welche Wärmeleistung steht zur Verfügung.
  • Spezifische Informationen zur Nutzung von Prozesswärme in industriellen Prozessen: Menge der jährlich genutzten Prozesswärme, Energieträger, Technologie der Wärmeerzeugung.
  • Informationen über die zukünftige Stadtplanung in Bezug auf Wärmeplanung, z.B. die Entwicklung eines neuen Wohngebietes.

Technologische Herausforderungen

Grundlage eines digitalen Zwillings sind neben der Visualisierung, der Funktion und der technologischen Plattform die Daten. Der Zwilling ist das Gefäß, das mit einer Vielzahl von Daten gefüllt wird. Datensicherheit und Datenschutz sind daher Grundlage und Kern der Anwendung. Beide Disziplinen sind anspruchsvoll und erfordern eine aufwändige Umsetzung in den Systemen:

Datensicherheit ist die Währung für Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der Daten. Sie umfasst die Systemarchitektur, regelmäßige Backups, Zertifizierungen sowie einumfassendes, professionelles Sicherheitsmonitoring. Beim Datenschutz steht die Sicherstellung der Rechtmäßigkeit und Zweckbindung der Nutzung im Vordergrund. Durch die Vielzahl der Daten sowie die Abbildung der Realität - bis hin zum einzelnen Gebäude und dessen Heizungsanlage in der kommunalen Wärmeplanung - stellt der Datenschutz eine zentrale Disziplin bei digitalen Zwillingen dar.

Flexibilität und Skalierbarkeit bei großen Datenmengen ist ein weiteres wichtiges Thema, das gerade bei neuen Gesetzeslagen und sich ändernden Rahmenbedingungen entscheidend werden kann. Ein digitaler Zwilling als digitales Werkzeug muss sich diesbezüglich dynamisch anpassen können.

So muss auch die Interoperabilität gegeben sein: Welche Schnittstellen zu weiteren Systemen und Datenquellen sind vorhanden und ist somit eine schnelle Datenintegration möglich? Je mehr Daten vorhanden sind, desto feiner muss die Granularität des Systems sein. In komplexen urbanen Strukturen sollte dieser Faktor nicht vernachlässigt werden, so dass alle „levels of detail“ abgebildet werden.

 

Fazit

Die Verwendung eines digitalen Zwillings für die Entwicklung und Kommunikation des Wärmeplans einer Gemeinde ist die plausibelste Lösung, die rechtzeitig und mit den verfügbaren Ressourcen umgesetzt werden kann und ein qualitativ hochwertiges Ergebnis gewährleistet, ohne die Komplexität der Herausforderung zu umgehen.

Ein digitaler Zwilling ist daher ein Muss für die fachliche Erarbeitung der Wärmeplanung, insbesondere aber für die Bereitstellung einer validen Entscheidungsgrundlage und für die Kommunikation zwischen allen beteiligten Stakeholdern.

Kommen Sie bei Fragen gerne auf uns zu, hier einen persönlichen Termin vereinbaren.

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